Es gibt kein richtiges Leben im falschen … (4 von 5 Leselokomotiven)

… das fühlt Schauspieler Elias sofort und mit ungekannter Wucht, als er ihr zum ersten Mal gegenübersteht: Clara, Fotografin, wesentlich älter als er und undiskutierbar die berühmte Richtige. Sie will ihr Häuschen auf dem Land verkaufen, er begleitet seine Lebensabschnittsgefährtin Vera zur Besichtigung. Vera ist schön, intelligent, unterhaltsam, aber eben nicht die Richtige, denn er vermag sie nicht zu lieben. Clara wird er lieben können, er weiß es, ohne jeden Zweifel. So geschieht, was geschehen muss: Elias trennt sich von Vera und kommt mit Clara zusammen. Doch beide stehen in Beziehungsgeflechten, beide haben ihre Vergangenheit. Clara den viel zu früh an Krebs verstorbenen Mann Paul, ihre demente Mutter, den hilflosen Vater und eine gekündigte Arbeitsstelle. Elias sein sprunghaftes Künstlerdasein ohne feste Grenzen und Jule, die fast erwachsene Tochter aus einer früheren Partnerschaft. Auf die Explosion der Annäherung folgen erste Probleme, innere Widerstände, hässliche Worte und schließlich das Schlimmste überhaupt: Eine alte Geschichten von Krankheit, Siechtum, Tod, die sich auf grausame Weise zu wiederholen scheint.

Ein kleiner großer Roman über Alltägliches, aber auch über Dinge die – im positiven wie im negativen – immer nur anderen zu passieren scheinen, bis es eben doch uns (be-)trifft. Eine stille geradlinige Geschichte, bevölkert von bis ins letzte Detail ausgeloteten Figuren, mit denen der Autor sensibel, fast übervorsichtig umgeht, als könnten sie zerbrechen, wenn er ihnen, selbst sprachlich, Gewalt antäte. Die Protagonisten leben und erleben intensiv die beste und zugleich die mieseste aller Zeiten. Das äußert sich nicht zuletzt in gut durchdachten Dialogen, die einen schonungslosen Blick nach innen gewähren.

In den letzten Jahren ist Ewald Arenz literarisch mehrfach positiv in Erscheinung getreten: »Alte Sorten« überzeugte mit herber Sinnlichkeit, »Der große Sommer« begeisterte ganze Familien, »Die Liebe an miesen Tagen« wird mancher als zu kitschig, stereotyp oder gar belehrend empfinden. Mich haben die Achtsamkeit der Figurengestaltung und die unverstellte Ehrlichkeit der dargestellten Emotionen gepackt, denn in den fremden Schicksalen entdeckt man viel von sich selbst. In diesen Text muss man sich einfinden, sich auf ihn einlassen, dann möchte man ihn nicht mehr aus der Hand legen, sieht bang und banger die verbliebenen Seiten dahinschwinden. Zwischen diesen Buchdeckeln ruht das gesamte Paket: Pralles Leben, Hochgefühle, Liebe, Leid. Und am Ende ist tatsächlich jemand gestorben. Allerdings: Nicht die Hoffnung.

Buchtipp von Astrida Wallat